Über Kunst reden

Ateliergespräch mit Ingrid Strohkark und Heike Schloßhan-Salomon

Farbtuben neben Pinseln und Paletten, Leinwände an der Wand, auf Staffeleien und aufgereiht am Boden. Gemälde, die gerade entstehen, Bilder aus vergangenen Schaffensperioden – zum Teil übermalt. Viele neue Werke sind zu sehen. 

Ein Arbeitsplatz mit besonderer Atmosphäre ist das Atelier der freischaffenden Künstlerin Ingrid Strohkark, wo eine Reihe

persönlicher Ateliergespräche  mit ihr stattfinden werden.  Was treibt Künstlerinnen und Künstler an? Kann man von Kunst leben? Das Ziel dieser Reihe ist es, über Kunst ins Gespräch zu kommen und mehr über die Arbeit und das Wirken von Ingrid Strohkark zu erfahren.

 

Es gab keinen geradlinigen Weg. Das Malen hat mich schon als kleines Kind begleitet. Ich habe mich damit in meinem Elternhaus, indem es wirklich schwierige Zeiten gab, regelrecht weggebeamt. Es tat mir gut und ich konnte mir mit der Malerei eine Welt schaffen, die ich gerne gehabt hätte, aber leider nicht hatte. Lange fehlte mir der Mut – und man braucht Mut – um sich auf die Kunst wirklich einzulassen. Mit der Zeit sieht man die Dinge mehr so, wie sie wirklich sind, und nicht, wie man sie gerne hätte.

Nach dem Abitur war ich ein Jahr in Israel. Dort habe ich in einem Kibbuz gelebt und einen Bildhauer kennengelernt, der seine traumatischen Erfahrungen in seiner Kunst  ausgedrückt hat. Über Ihn habe ich herausgefunden, dass das auch mein Weg ist. Mir wurde klar, dass ich mich auf die Kunst  einlassen muss, dass ich gar nicht anders kann.


Zum einen mag ich den starken Kontrast zwischen schwarz und weiß. Damit kann ich  Nuancen, Grautöne und Stimmungen ausdrücken.  Für mich hat schwarz-weiß auch immer etwas mit Rissen und Brüchen zu tun, mit denen wir in unserem Leben konfrontiert sein können. Die von Menschen erlebten seelischen Verletzungen kennen keine Zeit. Durch meine Schwarz-Weiß-Bilder möchte ich diese Zeitlosigkeit zum Ausdruck bringen – ähnlich wie bei Schwarz-Weiß-Fotografien. 

Das hat sich in der letzten Zeit ergeben und ist für mich eine Befreiung. Ich kann bestimmte Sachen abschließen.  Es ist vorbei und dennoch ist es ja noch da – eben darunter. Zum Beispiel dieses Bild, das mir meine Schwester wiedergegeben hat. Ich hatte es vor vielen Jahren für sie gemalt. Wir haben vor kurzem über das Bild gesprochen und ich habe ihr vorgeschlagen, es zu übermalen. Damit ist die Geschichte,  die wir mit dem Bild verbinden, nicht ausradiert. Es gibt Luft für etwas Neues.

Nein, wenn ich male, denke ich nicht an einen Betrachter. Nur so kann ich überhaupt malen. Ich mache aber neben der Malerei auch Kunstprojekte und arbeite häufig in sozialen Brennpunkten. Hier leben viele Leute in sehr schwierigen Situationen. Da stiftet Kunst unmittelbar Sinn für andere, insbesondere für die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer.

 

Ich finde, dass Kunst „retten“ kann und dass  auch Schönheit retten kann. Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass es das Selbstbewusstsein der Menschen stärkt, wenn sie an Kunstprojekten teilnehmen. Und gleichzeitig habe ich beobachtet, dass ein Ort noch nie zerstört oder beschädigt worden ist, den man mit den Leuten, die dort leben, gestaltet hat. Es findet eine Identifikation statt. Kunst kann sehr viel helfen, auch in Situationen, in denen man verzweifeln könnte.

Das war auf einer Luminale in Frankfurt vor ein paar Jahren. Ich habe eine Szene fotografiert. Solche Szenen dienen mir häufig als Grundlage für meine Bilder. Was mich damals interessiert hat: Dass durch das  Lichtspektakel, das oben zu sehen war, auch auf dem Boden Licht- und  Schattenspiele entstanden. Die Personen, die alle in eine Richtung schauten, habe ich von der Hüfte abwärts fotografiert. Ich habe die Schönheit auf dem Boden gesehen und eine besondere Stimmung wahrgenommen. Das Foto damals war bunt, das daraus entstandene Gemälde ist schwarz-weiß. Mit dem Bild bin ich sehr zufrieden, da es die Schönheit des Moments sehr gut wiedergibt.